Ästhetische Erfahrung
Bei ästhetischen Erfahrungen handelt es sich um solche, welche durch die Kombination von sinnlicher Wahrnehmung oder auch Handeln mit reflektierenden Denkprozessen gewonnen werden können (Peez, 2012, S. 27). Sie sind demzufolge in einer „zweifache Orientierung“ (Peez, 2012, S. 27.) sowohl auf sinnliche Wahrnehmungen und Empfindungen ausgerichtet als auch darauf, diesen einen Sinn zu geben. Auch wenn es sich bei ästhetischen Erfahrungen um eine menschliche Grundfähigkeit handelt, sind der Prozess und die eigentliche Wahrnehmung sehr individuell und stark subjektiv geprägt. Es handelt sich also um eine stetige Erweiterung des eigenen sinnlichen Wahrnehmungshorizontes, welche einem jeden Erfahrenden sehr eigen ist und durch Aktion, Interaktion wie auch Reflexion betrieben wird, jedoch nicht direkt an andere vermittelt werden kann (Peez, 2012, S. 26-27).
Strukturelemente ästhetischer Erfahrung
Die ästhetische Erfahrung ist zudem nach Peez (2012) durch eine von Reihe Strukturelementen gekennzeichnet. Dabei sind zunächst die Aufmerksamkeit und das Interesse sowie Offenheit und Neugier von zentraler Bedeutung. Weiterhin sind grundlegende Voraussetzungen das starke Versunkensein in diese Erfahrung, woraus ein emotionales Involviertsein folgt. Dies kann zum Genuss des Wahrnehmens an sich wie auch zu Spannung und Überraschung führen. Wie stark diese Erfahrungen jeweils ausgeprägt sind, ist allerdings abhängig von der Subjektivität und Individualität im Wahrnehmungsprozess. Ihnen gemein ist jedoch, dass die Fantasie und neue Assoziationen angeregt werden.
Voraussetzung für die Reflexion der Wahrnehmung und des gesamten Prozesses ist, dass aus früheren Erfahrungen, Wissen und Einsichten gewonnen und für neue Prozesse nutzbar gemacht wurden. Ein Teil der eigenen ästhetischen Erfahrung besteht darin, diese Erfahrungen mit kulturellen und künstlerischen Produkten in Beziehung zu setzen, z. B. indem Kunstwerke anderer in Betracht gezogen werden und sich darüber ausgetauscht wird, um dann das Ganze in Form ästhetischer Produkte festhalten zu können: D. h. also selber aktiv zu werden und Neues zu gestalten, sowie die Kommunikation über den Gesamtprozess mit anderen teilen zu können. Dadurch kann Raum für Innovation, Experimente und neue Werke entstehen.
Ästhetische Erfahrung im Kunstunterricht
Im Kontext der Kunstpädagogik nehmen ästhetische Erfahrungen nicht die Funktion ein, Kunst in irgendeiner Weise zu vermitteln, sondern die Kunst erfahrbar zu machen. Der Kunstunterricht soll dazu dienen eigene ästhetische Erfahrungen zu ermöglichen. Diese können im eigenen bildnerischen Gestalten, aber auch durch die Rezeption gewonnen werden. Besonders zu bedenken ist jedoch der Umstand, dass besonders Alltagserfahrungen als ästhetische Erfahrungen erlebt und gemacht werden. Die Thematisierung dieses häufig beiläufigen Wahrnehmungsverhaltens wird somit auch von starkem Interesse für die Kunstpädagogik und zum Gegenstand gezielterer Reflexion. Ein zentraler Aspekt der ästhetischen Erfahrung besteht somit in der Reflektion einer Wahrnehmung, welche nicht nur als sinnliche Erfahrung belassen werden sollte. D. h. man sollte sich sowohl auf die sinnlichen Anteile der Wahrnehmung konzentrieren, als auch sie mit anderen Wahrnehmungen und Empfindungen in Verbindung setzen und somit ein „Sinnbewusstsein“ entwickeln und einsetzen. Die hierfür notwendige Aufmerksamkeit wird besonders dann erzielt, wenn die Schwelle des bisher Bekannten bzw. Erfahrenen übertreten und/oder etwas als eine Störung empfunden wird und somit eine Diskontinuität oder Differenz zu bisherigem Wissen entsteht (Mattenklott/ Rora, 2004, S.14). Durch diesen Bruch mit den Erwartungshaltungen ergeben sich Potenziale für Neuerungen. (Peez, 2012, S. 25, nach Küpper/Menke, 2003, S.140).
Die Kunstdidaktik der Universität Paderborn hat zum Konflikt von Gunter Otto und Gert Selle, sowie zu den drei aktuellen kunstpädagogischen Positionen jeweils ein Video erstellt. Klickt auf den unterstehenden Link um die Videos anzuschauen.
Hier geht's zum Video: Der Otto-Selle-Konflikt
Hier geht's zum Video: Drei aktuelle kunstpädagogische Positionen
Literatur:
Mattenklott, G./ Rora, C. (Hrsg.) (2004). Ästhetische Erfahrung in der Kindheit. Theoretische Grundlagen und empirische Forschung. Juventa, Weinheim.
Menke, C./ Küpper, J. (2003). Dimension ästhetischer Erfahrung. Suhrkamp, Berlin.
Peez, G. (2012). Einführung in die Kunstpädagogik. Kohlhammer, Stuttgart.
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