Liebe Mandy, liebe Tracey: Unterschied zwischen den Versionen

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Aktuelle Version vom 28. März 2017, 23:07 Uhr

John Marsden schrieb den Briefroman „Liebe Tracey, liebe Mandy“ im Jahr 1991 in Australien unter dem Originaltitel „Letters from the Inside“. 1995 erschien der Briefroman in Deutschland im Beltz Verlag. Dieser Roman wird aus der Sicht von zwei gleichaltrigen Mädchen erzählt und handelt von den Problemen der beiden Teenager, die sie sich mit der Zeit anvertrauen.

Inhalt und Figurenkonstellation[Bearbeiten]

In dem ersten Brief am 11. Februar schreibt Mandy einen Brief an Tracey (S. 5). Sie antwortet auf eine Anzeige, die Tracey in einer Jugendzeitung „Girls“ (S. 9) „zum Spaß [...] als so ’ne Art Test“ (S. 7) aufgegeben hatte. Zwischen den beiden entsteht sofort eine gute Brieffreundschaft.

Mandy ist eine typische Jugendliche: Sie ist 15 Jahre alt und geht in die zehnte Klasse in der AcaciaPark-Oberschule (S. 9). Mandy ist eine fleißige Schülerin, sie treibt gerne Sport, geht ‘shoppen‘, ins Kino, verbringt Zeit mit ihren Freunden und macht ihre ersten Erfahrungen mit Jungs (S. 14f.). Mandy hat noch zwei Geschwister, ihren 17-jährigen Bruder Steve und ihre Schwester Katrina (S. 10). Katrina wohnt nicht mehr zu Hause, sie studiert Kunst an der Universität und ist im ersten Semester (S. 35f.). Vor ihrem Bruder, Steve, fürchtet sich Mandy, weil er gewalttätig ist. „[...] [D]er ist so ‘ne Art Monster. Ich meine, er ist mir unheimlich.“ (S. 14). In den Briefen an Tracey berichtet Mandy über ihre familiären Verhältnisse. In einer australischen Kleistadt Namens Acacia Park, lebt sie zusammen mit ihren Eltern und ihrem Bruder. Ihr Vater ist Krankenpfleger im St.- Francius-Krankenhaus und ihre Mutter Bibliothekarin in einer Landesbibliothek (S. 58).

Tracey befindet sich, aufgrund eines schweren Verbrechens, in einem Jugendgefängnis Namens Garrett (S. 59). Ihre Freizeitaktivitäten sind Basketballspielen und das Schreiben von Briefen (S. 7f.). In den Briefen an Mandy leugnet sie ihre Lebensgeschichte und berichtet von einer falschen Welt (S. 11, 15). Im Nachhinein vertraut sie Mandy und erzählt ihr nach und nach die Wahrheit. Seit ihrem achten Lebensjahr lebt Tracey bei ihrer Oma mütterlicherseits, da ihre Mutter von ihrem gewalttätigen Vater ermordet wurde. Sie hat noch einen Bruder Simon, der drei Jahre älter als sie ist. Allerdings ist ihr die Adresse der Pflegeeltern von Simon nicht bekannt. Nachdem Tod ihrer Oma, packt Tracey ihre Sachen zusammen und möchte mit ihrem Freund Raz weggehen (S. 88). Dabei findet sie einen Zeitungsartikel, indem steht, dass ihr Vater eine Haftstrafe von 18 Jahren bekommen hat. So erfährt sie die Wahrheit über ihre Familie.

Interpretationsaspekte[Bearbeiten]

Die Briefe von Mandy handeln über die Probleme in ihrer Familie. Sie klagt über ihren gewalttätigen Bruder und beschwert sich über ihre Eltern, dass sie keine Unterstützung von ihnen erfährt (S. 37f.). Tracey hingegen vermittelt den Eindruck, als würde sie in einer fast perfekten Welt leben. Sie scheint sich auch nicht dafür zu interessieren, dass Mandy Schwierigkeiten hat, was bei Mandy zur Enttäuschung führt (S. 42). Trotz alledem schreibt Mandy weiterhin Briefe. Sie nutzt diese Gelegenheit, um ihre Frust und Unzufriedenheit auszulassen und ihre Erlebnisse mit jemandem zu teilen. Während ihrer Brieffreundschaft erfährt Mandy, dass Tracey sie belogen hat und möchte die Wahrheit über sie erfahren (S. 80f.). Daraufhin bekommt Mandy eine Zeitlang keine Antwort von Tracey. Doch Mandy gibt nicht auf und schreibt weiter. Schließlich gesteht Tracey in ihrem Brief vom 1. August, dass sie sich seit elf Monaten in einer Verwahranstalt befindet (S. 148f.). Anschließend möchte sie den Briefkontakt abbrechen. Mandy hingegen möchte mehr über sie und vor allem über das Gefängnis erfahren (S. 88). Sie selbst fürchtet sich immer mehr vor ihrem Bruder und dessen Gewalttätigkeit. Ein Telefongespräch zwischen den beiden Mädchen muntert beide auf und schweißt ihre Freundschaft noch mehr zusammen. Die Briefe von Mandy geben Tracey halt und werden immer wichtiger für sie. Mit der Zeit erzählt sie mehr über ihre Vergangenheit, z.B. dass ihre Mutter von ihrem Vater ermordet wurde (S. 7f.). Des Weiteren erzählt Tracey, dass sie das Verbrechen mit ihrem Freund Raz begannen hat und deshalb im Gefängnis sitzt. Ferner wird nichts mehr zu diesem Verbrechen erzählt. Schließlich bekommt Tracey ein Weihnachtspacket von Mandy nach Garrett geschickt (S. 140f.). Nach dem 21. Dezember schreibt Mandy jedoch keine weiteren Briefe mehr an Tracey. Ihre letzten Briefe handeln darüber, dass sie sich immer mehr vor ihrem Bruder fürchtet. Tracey schreibt verzweifelt weitere Briefe an Mandy, erhält aber keine Antwort mehr von ihr. Somit bleibt das Ende offen. Der australische Originaltitel „Letters from the Inside“ verweist darauf, was in Briefen preisgegeben wird: Einerseits gibt es Tracey, die in einer anderen realen Welt, im Gefängnis sitzt. Andererseits kann das Leben von Mandys ebenso als Gefangenschaft beschreiben werden. Obwohl die Briefe anfangs unverbindlich und am Ende perspektivlos sind, werden sie als Weg zur Freiheit angesehen. Die Erzählung von Tracey „Gib nicht auf, bevor die Uhr abgelaufen ist“ (S. 84) ist schließlich auf ihr eigenes Leben und auf das Leben und Sterben von Mandy zurückzuführen. Das Ende wird bereits vorweggenommen und ist ein Anzeichen auf den Verlauf ihrer Brieffreundschaft. Als wesentliche Deutungsperspektive kann die Machtlosigkeit der beiden Mädchen angesehen werden: Zum einen gibt es Mandy, die ihren gewalttätigen Bruder zum Opfer fällt und ihre Eltern und Freunde, die in der Hinsicht tatenlos zusehen (S. 7). Zum anderen gibt es Tracey, die selbst zur Täterin wurde, weil sie selbst Gewalt erlitten hat.

Des Weiteren spielt Marsden mit den Geschlechterrollen: Die fiktive Tracey stellt ein typisches Highschool-Mädchen dar, mit dem Berufswunsch als Kinderärztin und den Lieblingsbeschäftigungen: Wasserskifahren, Reiten, Shoppen, Partys und Gedichte lesen und schreiben (S. 13). Mandy hingegen wirkt egoistisch, selbstsicher, feindselig und rücksichtslos (S. 36) (Reif 2006: 4). Mandy hat im Gegensatz zu den beiden Tracey-Figuren relativ starke weibliche und männliche Eigenschaften und wirkt somit androgyn. Darüber hinaus wird in dem Brief vom 12. September der Knastalltag verdeutlicht und ein gerechter und humaner Strafvollzug impliziert (S. 73 - 75). Darüber hinaus bekommen die Strafgefangenen im Gefängnis die Gelegenheit, einen Neubeginn zu starten und dabei Kompetenzen für das spätere Leben zu erwerben. Am Ende des Romans werden die jugendlichen Leserinnen und Leser verstörend und hoffnungslos zurückgelassen.

Erzählform[Bearbeiten]

In dem Briefroman existiert kein auktorialer Erzähler. Es wird aus der Sicht der schreibenden Figuren erzählt. Somit handelt die Erzählung über die Gedanken, Gefühle und Erlebnisse der Figuren. Für die Darstellung ist das Innere entscheidend. Somit ergibt sich aus dieser Perspektive die Ich - Erzählform. Es besteht eine begrenzte Sicht auf die Welt. Als Sprechweisen können abwechselnd die direkte und indirekte Rede auftreten. Auch innere Monologe sind in dem Roman aufzufinden. Wenn der Briefwechsel längere Zeit nicht stattfindet können die erlebte und erzähle Zeit zusammenfallen (Reif 2006: 3). In diesem Briefroman verläuft die Brieffolge in der Regel chronologisch. Ausnahmen sind beispielsweise die Überschneidung von zwei Briefen (S. 35 - 39). Die Struktur der Handlung setzt sich aus einzelnen Teilen zusammen, die dann ein Ganzes ergeben. Ebenso sind Rückblenden möglich. Die Handlung selbst bzw. das Geschehen findet im Inneren der Figuren statt. Es wird erinnert, reflektiert, gezweifelt oder gehofft. Die Sicht auf die Außenwelt ist begrenzt, es werden Informationen über die Lebensstile der Jugendlichen, die Beziehung zum anderen Geschlecht und ebenso über das soziale Gefüge gegeben (Reif 2006: 3). Somit liefert der Briefroman ein Bild der Gesellschaft.

„Liebe Tracey, liebe Mandy“ ist ein aus mehreren Perspektiven erzählter Briefroman. Die erzählte Welt wird aus der Sicht der beiden Mädchen erschaffen. Auf der einen Seite gibt es Tracey, die es schafft perfekt zu lügen, auf der anderen Seite berichtet Mandy gerne etwas aus ihrer Welt. Somit wird in dem Briefroman mit der Wirklichkeit gespielt. Als Mandy die Wahrheit über Tracey erfährt, wird sie zurückhaltender. Als sehr sensible Leserin agierend, entschlüsselt sie Nachrichten „from the inside“ und merkt, wenn Tracey sie anlügt (S. 63f.). „Insofern lassen sich Anknüpfungspunkte zu modernen briefartigen Formen der Kommunikation finden, vor allem dem Chatten.“ (Reif 2006: 4). In dem Roman lassen sich mehrere Spannungsbogen beobachten: Den ersten Höhepunkt bildet die Aufdeckung von Traceys Identität und anschließend die kleineren Höhepunkte, wie die Inventarliste aus Garrett (S. 68f.) oder die Unterhaltung zwischen Mandy und ihren Eltern vor dem Fernseher (S. 116ff.). Vom Layout des Romans heben sich diese beiden Texte von den restlichen Briefen ab. Der zweite Höhepunkt erfolgt durch die zahlreichen Briefe, die Tracey an Mandy schreibt, mit der wachsenden Gewissheit, dass Mandy etwas zugestoßen ist. Dieser Höhepunkt bildet zugleich den Schlusspunkt des Romans. Die Erzählung beginnt am 11. Februar und endet ein Jahr später ebenfalls am 11. Februar. Dieses eine Jahr verdeutlicht besonders die Höhen und Tiefen im Leben eines jungen Menschen (S. 2).

Die Übersetzung des Briefromans wurde von Heike Brandt geschrieben. Sie besticht die Erzählung durch Authentizität und Dramatik. Die beiden konträren Lebenswelten der beiden Mädchen werden von Brandt plastisch gelassen. Gleichzeitig wird die Lektüre durch den jugendnahen Stil, den raschen Briefwechsel und durch die steigernde Spannung überschaubar für leseungewohnte Schülerinnen und Schüler.

Didaktische Begründung[Bearbeiten]

Bedeutung der Jugendromane im Unterricht[Bearbeiten]

Nach den Vorgaben der Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss wird die Behandlung von Jugendromanen (bedeutender Autorinnen und Autoren) als wesentlicher Bestandteil der schulischen Lektüre gesehen (Bildungsstandards im Fach Deutsch 2003: 13f.). Schülerinnen und Schüler müssen in der Lage sein, wesentliche Elemente eines Textes zu erfassen, z.B. die Figuren- und Raumkonstellation und den Zeit- und Konfliktverlauf. Bei der Behandlung von literarischen Texten aus der Gegenwart und Vergangenheit ist es wichtig, die Epoche des Romans, die Biografie des Autors oder der Autorin zu analysieren. Es müssen Zusammenhänge zwischen diesen Punkten geschaffen werden, um zentrale Inhalte erschließen zu können. Die Auswahl einer geeigneten Lektüre, welche sich je nach dem Interesse der Schülerinnen und Schüler ändert, bietet eine gute Gelegenheit zur Leseförderung (Wangerin 2001: 609). Dieser Aspekt darf nicht unterschätzt werden. Jugendliche Leserinnen und Leser werden durch die Thematisierung jugendrelevanter Inhalte angeregt, sich mit ihrer eigenen Identität und ihrer Umwelt auseinanderzusetzten. Somit wird der Prozess der Identifikationsentwicklung und Selbstfindung unterstützt (Daubert 1999: 44). Durch die Vermittlung der Elemente des Erzählers kann das ästhetische Bewusstsein ausgebildet und dadurch anspruchsvolle Literatur leichter zugänglich gemacht werden (Wangerin 2001: 610). Die Behandlung einer Romanlektüre steht der medialen Informations- und Reizüberflutung gegenüber. Die Sekundärerfahrungen der Massenmedien werden durch primäre Erfahrungen und handlungs- und produktionsorientierte Ansätze ersetzt (Wangerin 2001: 612).

Der Briefromans „Liebe Tracey, liebe Mandy“ im Unterricht[Bearbeiten]

Es gibt viele Romane, besonders die der Gegenwart, die interessante und schülernahe Interpretationsmöglichkeiten und Vergleichsaspekte anbieten. Einige sind besonders bekannt, wie der Roman von Goethe „Die Leiden des jungen Werthers oder „Liebesmale, scharlachrot“ von Feridun Zaimoglu. Im Gegensatz dazu ist der Briefroman „Liebe Tracey, liebe Mandy“ von John Marsden nicht so bekannt und demnach nicht im Lektüreplan der weiterführenden Schulen verankert.

Der Briefroman „Liebe Tracey, liebe Mandy“ beinhaltet viele positive Aspekte, die für eine Auswahl ausschlaggebend sein können. Im Folgenden werden einige dieser Aspekte wie auch Gedanken und Anregungen aufgeführt, die im Unterricht eine wesentliche Rolle spielen können: In der 7. und 8. Jahrgangsstufe sind die Jugendlichen in einem Alter, wo sie sich mit Themen wie Familie, Freunde, Lieben und Gesellschaft beschäftigen. Sie sind auf der Suche nach ihrem eigenen Standort und Lebensweg. Deshalb bietet sich das Identifikationspotential der beiden 15-jährigen Mädchen, Mandy und Tracey, sehr gut als Unterrichtsstoff an.

Der Roman beinhaltet, fachdidaktisch gesehen, vielfältige Möglichkeiten, ein Unterricht analytisch sowie handlungs- und produktionsorientiert zu gestalten. Der Aufbau des Romans ist leicht nachvollziehbar und verdeutlicht die Gestaltung des Erzählers. Der Sprachstil in dem Roman ist „einfach“, so dass Schülerinnen und Schüler keine Verständnisschwierigkeiten bekommen. Des Weiteren lernen sie einen Briefroman kennen. Besonders für Jugendliche der 7. und 8. Klasse ist die Behandlung von Romanen besonders wichtig. Nach Piaget ist die kognitive Entwicklung bereits zur Phase der formalen Operation fortgeschritten: Die Schülerinnen und Schüler sind fähig, auf einer abstrakten Ebene Zusammenhänge zu schließen und logische Schlussfolgerungen zu ziehen. Die Eignung anspruchsvoller Jugendromane und deren intertextuellen Bezüge eignen sich besonders für die Phase der formalen Operation. Außerdem befinden sich die Schülerinnen und Schüler, ebenso wie Mandy und Tracey, in der Pubertät. Sie suchen nach ihrem eigenen Weg. Die Lebenssituationen, die in dem Roman dargestellt werden, lassen sich nicht immer auf die der Schülerinnen und Schüler übertragen, wie der fiktive Weg von Tracey. Allerdings kann ihre Situation Mut machen, die eigenen Entwicklungsaufgaben zu bewältigen. Wie bereits deutlich wurde, gibt es einige fachliche Vorteile des Briefromans, welche das Interesse der Schülerinnen und Schüler wecken können, und Materialien besitzt, die sich für einen handlungs- und produktorientierten Literaturunterricht eignen (Reif 2006: 4). Für die Eignung der Romanlektüre „Liebe Tracey, liebe Mandy“ gibt es zahlreiche Möglichkeiten, diese im Deutschunterricht der 7./8. Jahrgangsstufe zu behandeln: Zum einen können Schülerinnen und Schüler den Romanaufbau untersuchen und mit anderen Romanen bzw. Briefromanen vergleichen. Sie können die Handlungsschritte herausarbeiten, wie auch die Entwicklung der beiden Mädchen untersuchen. Weiterhin kann eine Personenkonstellation erarbeitet werden und die erzählerische Gestaltung analysiert werden. Dabei können sie lernen, eigene innere Monologe zu schreiben.

Lehrplanbezug[Bearbeiten]

Die Behandlung eines Romans gehört in den Bildungsstandards im Fach Deutsch für den mittleren Schulabschluss in der Sekundarstufe I dem Lernbereich „Texte verstehen und nutzen“ an (Bildungsstandards im Fach Deutsch 2003: 14). Die Auseinandersetzung bzw. Beschäftigung mit literarischen Texten ist das Hauptziel dieses Lernbereichs. Der Lehrplan empfiehlt hierzu verschiedene epische, lyrische, dramatische Texte, Novelle, Erzählungen, Kurzgeschichten, Romane, Schauspiele und Gedichte (Bildungsstandards im Fach Deutsch 2003: 14). In diesem Zusammenhang ist die Behandlung des Jugendromans „Liebe Tracey, liebe Mandy“ möglich. Die Themen und Probleme, die in dem Roman dargestellt werden, sollten bezüglich der Lebensbahn der Schülerinnen und Schüler berücksichtigt und besprochen werden. Gegebenfalls sollte die Entstehungszeit des Werkes beachtet werden. Bei der Bearbeitung ist die Figurenkonstellation herauszuarbeiten. Dabei sollte der Fokus auf dem Aufbau, dem Handlungsverlauf und der Aussageabsicht des Romans liegen. Die Aufgabe der Schülerinnen und Schüler ist es, den Text zu untersuchen, indem sie die sprachlichen und formalen Gestaltungsmittel bestimmen und auf ihre Wirkung hin untersuchen.

Der Briefroman „Liebe Tracey, liebe Mandy“ besteht vollständig oder zumindest überwiegend aus fiktiven Briefen. Daneben sind einige Tagebucheinträge und andere Dokumente enthalten. Die Einleitung findet oft durch einen fiktiven Herausgeber statt bzw. wird mit einem Nachwort und/oder Zwischenkommentaren versehen. Die Briefe werden den beiden Verfasserinnen Mandy und Tracey zugeschrieben. Es handelt sich somit um eine besondere Form der „Ich-Erzählung“. In dem Briefroman wird eine besonders starke Unmittelbarkeit vermittelt. Ohne, dass der Autor oder die Autorin sich einmischt, werden die Leserinnen und Leser scheinbar in die Gedanken- und Gefühlswelt der zentralen Romanfigur eingeführt. So haben sie deren Selbsterzeugnisse direkt vor Augen. Es entwickelt sich eine besondere Vertrautheit zwischen Leserinnen und Leser und dem Autor oder der Autorin. Der Roman stellt nicht nur das äußere Geschehen dar, sondern thematisiert mehr Gefühle und seelische Entwicklungen. Allerdings kann es bei den Leserinnen und Lesern dazu führen, dass sie sich distanzlos mit der Schreiberin oder dem Schreiber der Briefe identifizieren. In dem Briefroman schreiben Menschen Briefe, die nicht mit einer Antwort rechnen und erlauben sich mehr (sprachliche) Freiheiten. Andererseits würde ihnen das Publikum vielleicht nicht zubilligen. Somit bietet die Form des Briefromans neue stilistische Möglichkeiten. Das Buch besteht durchgehend aus Briefen und gestaltet sich als Briefroman. Zu Beginn des Briefwechsels lernen sich die beiden Mädchen durch eine Anzeige in einer Jugendzeitung kennen. Im Vordergrund ihrer Brieffreundschaft steht zunächst das harmlose Geplauder zu typischen Jugendthemen. Im Laufe des ersten Jahres findet Mandy die Wahrheit über Tracey heraus. Sie erfährt, dass sie wegen einer Straftat im Gefängnis sitzt. Währenddessen gibt Mandy ihre Angst vor ihrem gewalttätigen Bruder zu (S. 35f.). Gegen Ende des Buches bekommt Tracey keine Antwort mehr von Mandy und das Ende bleibt offen. Es kann nur vermutet werden, dass Mandy etwas Schlimmes zugestoßen ist und sie vielleicht Opfer ihres Bruders geworden ist.

Schülerinnen und Schüler können sich durch vertraute Charakteristika einen Zugang zur Erzählung verschaffen und den Text selbstständig deuten und anknüpfen (Assimilation). Somit wird die Lesekompetenz ausgebaut und gefördert. Das literarische Lernen wird eher durch das Textverstehen und durch zusätzliche Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler gefördert bzw. erweitert. Insgesamt ist eine optimale Verknüpfung zwischen leseförderndem Potenzial und Notwendigkeiten zur Akkommodation bestehender Verstehensschemata zu beobachten. Der Briefroman kann besonders in den Jahrgangsstufen 7 - 8 aller Schularten behandelt werden. Mit dem englischen Original „Letters from the Inside“ kann er sogar im Englischunterricht gelesen werden. Wie bereits erwähnt werden in dem Roman „klassische“ Teenagerprobleme thematisiert. Im Vordergrund steht vor allem das Thema „Gewalt“ und die damit verbundenen Erfahrungen der Mädchen.

Ausgaben[Bearbeiten]

Marsden, John: Letters form the inside. Houghton Mifflin Harcourt 1994.

Marsden, John: Liebe Tracey, liebe Mandy. Weinheim Basel 1995.

Marsden, John: Liebe Tracey, liebe Mandy. Weinheim Basel 1998.

Literatur[Bearbeiten]

Primärliteratur[Bearbeiten]

Marsden, John (1998): Liebe Tracey, liebe Mandy. Aus dem Englischen von Heike Brandt. Beltz: Weihnheim Basel. ISBN 978-3-407-74294-0.

Sekundärliteratur[Bearbeiten]

Daubert, Hannelore (1999): Jugendliteratur im Unterricht der Sekundarstufen. In: Spinner, Kaspar H. (Hg.): Neue Wege im Literaturunterricht. Informationen – Hintergründe – Arbeitsanregungen. Hannover.

Wangerin, Wolfgang (2001): Romane im Unterricht. In: Lange, Günther, Karl Neumann & Werner Ziesenis (Hg.): Taschenbuch des Deutschunterrichts. Grundfragen und Praxis der Sprach- und Literaturdidaktik. Band 2 Literaturdidaktik: Klassische Form, Trivialliteratur, Gebrauchstexte. Baltmannsweiler.

Weblinks[Bearbeiten]

Bildungsstandards im Fach Deutsch für den Mittleren Schulabschluss (2003): URL: http://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2003/2003_12_04-BS-Deutsch-MS.pdf

Reif, Franziska (2006): „Liebe Tracey, liebe Mandy im Unterricht“. Klassenstufe 7 – 10, alle Schularten. Materialien für ein handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht. Beltz Verlag: Weinheim und Basel. URL: http://www.deutsch-netzwerk.de/fileadmin/user_upload/liebe-tracey-liebe-mandy.pdf


Feyziye Koyun, Universität Paderborn