Die Farbe Lila

Aus briefromane
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Der Briefroman mit dem Originaltitel „The Color Purple“ wurde 1982 von der Schriftstellerin Alice Walker veröffentlicht. Die Handlung spielt in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und thematisiert die patriarchale Gewalt gegenüber den afro-amerikanischen Frauen in den Südstaaten der USA. Die Protagonistin Celie verarbeitet im ersten Teil des Romans ihr Seelenleid, indem sie Briefe an Gott schreibt. Der zweite Teil des Romans bildet einen Briefwechsel zwischen Celie und ihrer Schwester Nettie, deren Beziehung jahrelang nur über den Briefkontakt Bestand hat.

Inhalt und Figurenkonstellation[Bearbeiten]

Beginnend mit den Zeilen „Erzähl das lieber keinem außer Gott. Deine Mama würd sich umbringen.“, richtet Protagonistin Celie ihre Briefe an Gott, dem sie ihren Alltag, sowie ihre tiefsten Geheimnisse und Gefühle anvertraut.

Durch den Tod ihrer Mutter muss die vierzehnjährige Celie als Älteste unter den Geschwistern die Haushalts- und Erziehungsaufgaben übernehmen. Ihr Vater drängt sie in die Rolle der Ehefrau und missbraucht sie regelmäßig. Die zwei Kinder, die aus diesem Missbrauch hervorgehen, werden von ihrem Vater kurz nach der Geburt weggebracht und der Aufenthaltsort ihrer Kinder bleibt für Celie unbekannt. Damit sie ihre jüngere Schwester Nettie vor den Missbräuchen beschützen kann, bietet sie sich selbst ihrem Vater an.

Celies Schicksal verschlimmert sich, als sie mit Mr.--- verheiratet wird, der ursprünglich Interesse an Nettie zeigt, sich jedoch auch mit Celie zufrieden gibt, da er nach dem Tod seiner Frau eine neue Ehefrau sucht, die sich um Kinder und Haushalt kümmert. Doch auch bei Mr.--- ist Celies Alltag, neben der harten Arbeit, von patriarchaler Gewalt und Missbrauch geprägt.

Nettie, die den Missbräuchen ihres Vaters nur knapp entkommen ist, zieht kurzfristig zu Mr.--- und Celie. Nachdem Nettie sich gegen die sexuellen Überfälle von Mr.--- wehrt, verweist er sie von seinem Land, trennt die beiden Schwestern und führt eine Kontaktsperre ein.

Kurz darauf holt Mr.--- die erkrankte Sängerin Shug Avery zu sich, um sie bei sich gesund zu pflegen. Mr.--- nimmt in Bezug auf Shug eine unterwürfige Position ein und präsentiert ein sehr differenziertes Verhalten zu ihr als im Vergleich zu Celie.

Mr.---s Sohn Harpo beginnt eine Beziehung mit der hochschwangeren Sofia und zieht mit ihr neben das Elternhaus. Ähnlich wie Shug, ist Sofia eine sehr starke und mutige Persönlichkeit und hat die Oberhand in der Beziehung zu Harpo. Ihre Beziehung widerspricht der typischen Rollenverteilung, die bei Mr.--- und Celie gezeigt wird. Nach Jahren verlassen Sofia und die gemeinsamen Kinder Harpo und ziehen zu Sofias Schwester.

Harpo verwirklicht sich im Aufbau der Jukeboxbar „Harpo’s auf der --- Plantage“, in der Shug als Sängerin auftritt und somit Harpo zum wirtschaftlichen Erfolg verhilft. Beide, Sofia und Harpo, haben nach kurzer Zeit wieder neue Lebenspartner, finden sich jedoch immer noch interessant.

Sofia wird zu zwölf Jahren Haft verurteilt, nachdem sie sich gegen den Bürgermeister gewehrt und ihn gewaltsam zu Boden geprügelt hat. Nach den ersten Jahren in Gefangenschaft, muss Sofia die restlichen Jahre als Dienstmädchen bei dem Bürgermeisterpaar abarbeiten.

Shug, die nach ihrer Genesung wieder erfolgreich als Sängerin arbeitet, entdeckt eines Tages, das Mr.--- Briefe von Nettie, die an Celie geschrieben wurden, versteckt. Gemeinsam lesen die beiden Frauen die Briefe, die Nettie jahrelang an Celie verfasst hat. So können sie Netties Reise nach Afrika nach und nach verinnerlichen.

Die Briefe erzählen, wie Nettie in die Familie aufgenommen wurde, in der bereits Celies Kinder leben. Zusammen sind sie nach Afrika gereist und Nettie arbeitet dort als Missionarin.

Durch das Abfangen und Verstecken der Briefe erkennt Celie die tatsächliche Boshaftigkeit von Mr.--- und beschließt daraufhin mit Shug nach Memphis zu ziehen. Aus der engen Freundschaft der beiden Frauen entwickelt sich mit der Zeit Liebe, doch Shug kann sich zunächst nicht auf ein Leben mit Celie einlassen und geht noch einmal eine jugendliche Beziehung ein.

Aus dem Briefwechsel mit Nettie erfährt Celie, dass der Mann, den sie die ganze Zeit für ihren Vater hielt, nur die Funktion des Ziehvaters hatte. Nach seinem Tod, zieht Celie in ihr Elternhaus und gründet einen Textilienhandel, in dem sie ihre eigens gefertigten Hosen verkauft. Mr.--- hat nach Celies Abreise seine Einstellungen und Ansichten in Bezug auf eine Ehe ändern können und überrascht Celie mit einem gut organisiertem Haushalt. Er beschließt, mit in Celies Textilienhandel einzusteigen und für ihre Hosen passende Oberbekleidung zu nähen.

Ebenfalls ist Sofia wieder bei Harpo eingezogen und sie haben nach vielen Jahren wieder zueinander finden können. Shug brauchte ein Jahr Auszeit, um sich am Ende des Romans auf ein Zusammenleben mit Celie einlassen zu können. Zu guter Letzt kommt Nettie mit ihrer Familie und Celies Kindern wieder nach Amerika. Die Geschwister finden nach über dreißig Jahren Trennung wieder zueinander.

Der Glaube an Gott ist im Roman stets gegenwärtig und wird immer mit der Hoffnung des Wiedersehens der beiden Schwestern in Verbindung gebracht. Nettie und Celie sind überzeugt, dass hinter allem Positiven und Negativen Gottes Handeln steckt und sie durch den Gottesglauben in ihren Handlungen gelenkt und beschützt werden.

Form des Romans[Bearbeiten]

Im ersten Teil des Romans schreibt Celie Briefe an Gott, die gleichzeitig als Informationsquelle für den Leser dienen. Die Briefe und somit der Roman sind demnach aus der Ich-Perspektive verfasst. Celie erzählt das, was sie erlebt, sieht, denkt und fühlt. Sie hat die Funktion als personaler Ich-Erzähler und erzählt aus einer Momentaufnahme. Der Leser bekommt das Gefühl vermittelt, ebenfalls Adressat dieser Briefe zu sein und Celies Leben Schritt für Schritt mitzuerleben.

Der Roman berichtet, dass Celie nicht viele Fähigkeiten und Kenntnisse aus der kurzen Schulzeit mitnehmen konnte und sie dabei immer im Schatten ihrer Schwester Nettie stand, die die Lerninhalte schneller verinnerlichen konnte. Dieser Aspekt wird im Schreibstil des Romans aufgenommen. Die Briefe die Celie verfasst, sind in gesprochener Sprache geschrieben: „Was ham wir denn zu essen?“ (S.98). Und die direkte Rede wird nicht durch Satzzeichen gekennzeichnet. Ebenfalls sind die Texte in vielen verschachtelten Nebensätzen gefasst, wodurch das Lesen der Briefe erschwert wird.

Im zweiten Teil des Romans entsteht ein Briefwechsel zwischen Celie und Nettie. In den Briefen, die Nettie verfasst, ist eine deutlichere Strukturierung der Sätze zu erkennen und das Lesen dieser Briefe fällt leichter. Ihre Briefe sind ebenfalls in der gesprochenen Sprache verfasst, jedoch verfügt sie über einen breiten Wortschatz und es werden zum Teil Fachbegriffe und Metaphern genannt: „Ich wurde von der Ekstase in Samuels Arme getragen.“ (S.218).

Interpretationsaspekte[Bearbeiten]

Der Roman umfasst zeitlich die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts und verdeutlicht die vorherrschende Genderproblematik im Südstaat Georgia, in Bezug auf die afro-amerikanischen Frauen. Durch die Protagonistin Celie wird der niedrige Status afro-amerikanischer Frauen in der Gesellschaft und im Verhältnis zum Mann deutlich. Zu Beginn des Romans wird die herablassende Ausdrucksweise gegenüber Celie deutlich: „Frisch is die nich mehr. […] Is verdorben. Zweimal. […] Kochen kann sie auch nicht. […] Sie is hässlich, sagt er. Aber schwere Arbeit is nix Fremdes für die. Und sauber is sie. Und Gott hat sie verschlossen. Mit der können Sies treiben, wie Sies wollen, und trotzdem brauchen Sie nachher keine Mäuler stopfen und Kleider ranschaffen.“ (S.16). Der Roman verdeutlicht, dass eine Ehe nicht aus Liebe, sondern aus Nutzen eingegangen wird und Frauen, wie Celie, durch ihren Vater verheiratet werden. Ebenfalls werden afro-amerikanische Frauen als Dienstmädchen gebraucht und unter schlechten Bedingungen beherbergt. Im Roman wird der Vergleich von Sofias Gefängnisstrafe mit der Arbeit als Dienstmädchen gezogen. Zwar geht es Sofia als Dienstmädchen beim Bürgermeisterpaar körperlich besser, sie unterliegt jedoch auch dort einer Form der Gefangenschaft, indem sie als Sklavin gehalten wird: „Die haben mich in eine kleine Abstellkammer oben unterm Dach gesteckt, kaum größer wie die Veranda bei Odessa und ungefähr genauso warm im Winter. Ich muss Tag und Nacht Gewehr bei Fuß stehen. Die lassen mich meine Kinder nich sehn. Gut, nach fünf Jahren darf ich einmal im Jahr dich sehn. Ich bin eine Sklavin.“ (S. 94). Selbst Sofia, die eine starke Persönlichkeit im Roman präsentiert und auch die Oberhand in der Beziehung zu Harpo hat, erkennt, dass sie sich dem Regime der Weißen beugen muss.

Nettie, die als Missionarin in Afrika arbeitet, erfährt ein verändertes Verhältnis zwischen Mann und Frau: „Männer und Frauen sollen aber nich das gleiche anhaben. Die Männer sollen die Hosen anhaben. […] Das müsstest du mal den Männern in Afrika erzählen. Die Leute in Afrika ziehen an, was in der Hitze bequem is, sag ich. […] Und die Männer nähen in Afrika auch […].“ (S. 252). In Afrika erfährt Nettie Anerkennung in ihrem Beruf, die Beziehung zu Samuel wirkt harmonisch und sie vertreten ein sehr modernes Genderverhältnis. Die Berichte aus Afrika scheinen Einfluss auf Mr.--- auszuüben, der sich immer weiter von seinem typischen Bild der Männer-Frauen-Beziehung löst und letztendlich beschließt in den Textilienhandel von Celie einzusteigen und Oberbekleidung zu nähen. Es kann festgehalten werden, dass in Bezug auf das Geschlechtsverhältnis eine Entwicklung gezeigt wird, die sich unserem modernen Verständnis von Ehe und Rollenverteilung annähert.

Celies glücklichste Zeit beginnt, als sie zu Shug Avery eine enge Beziehung aufbauen kann und, neben der Liebe zu ihrer Schwester, das erste Mal ihre Leidenschaft für Frauen bemerkt. Celie kennt nur die patriarchale Gewalt ihres Vaters und Mr.---. Der gefühlvolle und verständnisvolle Umgang zwischen den Frauen bildet einen Kontrast zu dem typischen Ehebild. Bei Mr.--- erlebte Celie Unterdrückung, während Shug, Celie zu einem selbstständigen Leben verhilft. Dieser Umschwung löst bei Celie ein Hochgefühl aus, das von Shug erwidert wird. Jedoch ist ihre Liebesbeziehung sehr privat und nicht für die Außenwelt sichtbar. Die anderen Charaktere im Roman bleiben unwissend über die Liebe zwischen den Frauen. Letztendlich geht Shug eine Beziehung mit einem jungen Mann ein, reist viel und besucht ihre Kinder. Erst zum Ende des Romans gesteht sich Shug ihre Liebe zu Celie ein und wünscht sich ein gemeinsames Zusammenleben. Trotzdem wird ihr Verhältnis für die nächsten Jahre nicht öffentlich preisgegeben werden, da eine lesbische Beziehung nicht akzeptiert werden würde. Deshalb unterscheidet sich ihr Verhältnis auch von dem modernen Verständnis einer lesbischen Beziehung, die heute gesellschaftlich toleriert wird. Zärtlichkeiten und Intimitäten werden im Roman nur „hinter verschlossenen Türen“ ausgetauscht, sodass ihnen keine gesellschaftliche Ablehnung begegnen kann.

Rezensionen[Bearbeiten]

Rezensionen wurden überwiegend zu dem gleichnamigen Film erstellt, der drei Jahre nach dem Roman, 1985, erschien. Im „Spiegel“ übte Hellmuth Karasek reichlich Kritik, indem er behauptete, die Männer würden als „Chauvi-Schweine“ präsentiert werden, „weil alle Unterdrückten sich ihrerseits Opfer für Unterdrückung suchen“. Ebenfalls vergleicht er die Darstellungsweise afro-amerikanischer Menschen mit „halbdressierten Affen […], „die sich wahllos über ihre Frauen und Kinder wälzen, [ungebremst] von […] zivilisierte[m] Anstand und […] bürgerlich[r] Sitte.“ Ungereimtheiten entstehen für Karasek dadurch, dass Celie „sich nicht gegen die Geliebte ihres Mannes wehrt, sondern mit ihr Freundschaft schließt“ und letzten Endes aus „Bewunderung“ eine „lesbische Beziehung“ entsteht. Positiver klingt dagegen Karaseks Fazit, Spielberg hätte „aus dem zutiefst deprimierenden Stoff, aus der hoffnungslos elenden Story […] ein buntes, pralles, kräftiges, im Grunde optimistisches Melodram […] gemacht.“ Die „Zeit“ betitelt Spielberg als „Märchenerzähler“, der „seine Geschichte von alltäglichen Erscheinungsformen [befreit]“, somit die geschichtlichen Ereignisse in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wie die „weiße Apartheid-Gesellschaft“ oder „der Terror nächtlicher Ku-Klux-Clans“ verborgen bleiben.


Ausgaben[Bearbeiten]

Walker, Alice: Die Farbe Lila. Deutsche Buchgesellschaft [u.a.], 1984.

Walker, Alice; Pfetsch, Helga [übers.]: Die Farbe Lila. 2. Auflage. Bergisch Gladbach: BLT, 2003.

Literatur[Bearbeiten]

Lauret, Maria: Alice Walker. Basingstoke, Hampshire [u.a.]: Macmillian [u.a.], 2000.

Walker, Alice; Pfetsch, Helga [übers.]: Die Farbe Lila. 2. Auflage. Bergisch Gladbach: BLT, 2003.

Die Farbe Lila. The Color Purple. Steven Spielberg. Drebuch: Menno Meyjes. USA: Warner Bros., 1985. DVD. Ca. 148 min.


Weblinks[Bearbeiten]

Karasek, Hellmuth: Ein Spiegel für Erwachsene. In: Der Spiegel 34/1986, abgerufen am 9.07.2015 (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13519812.html).

Riedl, Joachim: Triumph des Herzens. In: Zeit online, abgerufen am 9.07.2015 (http://www.zeit.de/1986/35/triumph-des-herzens).





Ann-Katrin Schwittay